In der Heidelberger Altstadt wird im „Haus der Begegnung“ an die Jüdinnen und Juden, die 1938 nach Polen verschleppt wurden, gedacht.
Die Reichspogromnacht war die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, in der jüdische Geschäfte und Häuser zerschlagen und demoliert wurden. Jüdinnen und Juden wurden von den Nationalsozialisten verfolgt und in Konzentrationslagern gebracht. Synagogen wurden geschändet und verbrannt. Auch in Heidelberg wurden Synagogen zerstört und Menschen sind zu Schaden gekommen
Heutzutage denken wir an die Menschen, die in dieser Zeit ums Leben gekommen sind. Deswegen finden Gedenkveranstaltungen an den Orten statt, wo z.B. Synagogen standen, wie in der Heidelberger Altstadt und im Stadtteil Rohrbach. Dort lebten Jüdinnen und Juden und waren in den Alltag integriert. Sie erlebten im Nationalsozialismus Ausgrenzung, wurden verfolgt und getötet. Der 9.November 1938 war ein Schritt zur Verschlimmerung ihrer Situation.
Schon vor dem 9. November 1938 haben polnische Juden großes Leid erfahren müssen. Es fanden Ende Oktober Deportationen statt. Darüber haben wir bei der Gedenkfeier in der Altstadt gesprochen. Der „Arbeitskreis Christlicher Kirchen“ und Norbert Giovannini vom Geschichtsverein der Stadt Heidelberg haben den Abend organisiert und hatten meine Schwester Sara Alonso Bernhardt (KS1) und mich, Laia Marie Alonso Bernhardt (6d), gefragt, ob wir ihn mitgestalten wollen. Und so haben wir uns an einer Lesung über verschiedene jüdisch-polnische Familien aus der Altstadt beteiligt.
Ich durfte aus dem Zeitzeugenbericht von Max Rubinstein vorlesen. Er wurde 1915 in Heidelberg geboren und berichtete über seinen Alltag und wie es ihm nach Hitlers Machtübernahme ging. Er sagt:
„Nach Hitlers Machtübernahme änderte sich meine Situation in der Schule und auch meine sportliche Tätigkeit. Bis dahin war ich korrekt behandelt worden und hatte freundschaftliche Beziehungen zu Schul- und Sportfreunden.
1934 verließ ich dann mitten im Schuljahr die Schule, um mich auf meinen weiteren Lebensweg vorzubereiten. Durch Vermittlung des Zigarrenfabrikanten Hochherr konnte ich in der Maschinenschlosserei Autz und Hermann volontieren.“
Ein Jahr später erhielt er die Ausreisegenehmigung nach Palästina und verließ Deutschland. Andere Familien hatten weniger Glück. Die Familie von Emma de Vries-Sipper besaß ein kleines Geschäft in Neuenheim. In ihrer Erzählung erfährt man, dass „Nicht-Juden“ heimlich bei ihnen einkaufen mussten, um nicht gesehen zu werden, da es verboten war. Der Familie ging es schon schlecht, bevor der Vater nach Polen gebracht wurde. Sie schildert das so:
„Es war Donnerstagabend gegen 19 oder 20 Uhr, als mein lieber Vater gerade frisch gebackene kleine Neckarfische aß, die meine liebe Mutter so appetitlich zubereitete. Plötzlich klopfte es an unserer Haustüre und zwei Gestapobeamte standen da; sie baten meinen Vater, mitzugehen. Weder uns noch ihm nannten sie den Grund der Festnahme oder das Ziel des Abtransportes. […] [Einige Tage später] musste [sie] mit ansehen, wie noch andere jüdische Männer zusammengetrieben und am heiligen Shabbath mit anderen frommen Juden nach Polen abtransportiert wurden.“
Zwar hat Emmas Familie ihren Vater wiedergesehen, aber er war nicht mehr derselbe, er war schwer traumatisiert. Die Familie wollte auswandern, wie andere auch, doch es wurde ihnen nicht ermöglicht. Emmas Erzählung endet mit:
„Später brachten wir dann in Erfahrung, dass unsere Eltern von den Nazis getrennt und in verschiedenen Konzentrationslagern untergebracht worden waren. Mein Bruder und ich wuchsen während des Krieges in England auf, wo alle sehr gut zu uns waren.“
Für mich war die Veranstaltung ein eindrückliches Erlebnis. Es hat mich erschreckt, was sogar Kinder miterleben mussten. Sie waren Menschen wie wir, aber sie wurden unmenschlich behandelt. Hätten wir damals gelebt, wären wir verschont geblieben, obwohl wir nicht anders sind als sie. Ich hoffe, dass so etwas nie wieder passiert.
Laia Alonso Bernhardt, 6d, 16.11.2025

